Als ich mit der Peoplefotografie anfing, wollte ich immer wieder neue Dinge ausprobieren. Neue Posen, Make Ups, Kostüme, Hintergründe. Aber ich hatte Angst, dass die Dinge, wie ich sie in meinem Kopf hatte, in der Realität so vielleicht gar nicht funktionieren. Deshalb habe ich angefangen, alles immer erst einmal selbst auszuprobieren. Durch Selbstportraits habe ich ein besseres Gefühl für bestimmte Posen entwickelt, weiss, was körperlich und ergonomisch möglich und angenehm ist und kann mich bestens in mein (kostümiertes) Gegenüber rein versetzen, wenn einem bei einem Shooting fragende Blicke zugeworfen werden und kann entsprechend damit umgehen. Ich persönlich fotografiere stets mit Stativ und Fernauslöser, aber ich kenne auch viele, die mit Selbstauslöser arbeiten.
Angefangen habe ich meine Selbstportraits natürlich erst einmal drinnen - da, wo mich niemand sieht und ich einfach machen konnte, was mir gerade in den Sinn kam. Ist etwas nicht so geworden, wie ich dachte, musste ich es anschließend ja niemandem zeigen und keiner hat's gesehen. Dann wurden meine Selbstportraits immer aufwändiger, ich wollte mehr ausprobieren können und auch mal draußen Bilder machen. Das ist nochmal eine ganz andere Kiste und dieser Schritt war wirklich eine Überwindung, kann ich euch sagen!
Damit sind wir jedoch auch direkt beim ersten Tipp:
1. Eine ruhige Location ist Gold wert!
Als ich mich dazu entschied, das Ganze mal draussen auszuprobieren, hatte ich tierischen Bammel davor, dass mich irgendjemand sehen könnte. Ich hatte einfach Hemmungen davor, mich in der Öffentlichkeit in Pose zu werfen, ganz alleine mit Stativ und Kamera. Deshalb überlegte ich wo ich hingehen könnte, um möglichst wenig Menschen zu begegnen - und das in Berlin.
Schaut euch vorher einfach ein bisschen um. Parks und Wälder nah an bewohnten Straßen sind selten leer. Weite Felder oder Wälder abseits der üblichen Wege stattdessen schon. Geht ein bisschen in eurer Stadt spazieren und probiert neue Wege aus. Manchmal kann es auch sein, dass man ein bisschen fahren muss. Google Maps kann hier übrigens eine große Hilfe sein! Gebt einfach euren Standort ein und schaut, wo große Gebiete sind, die für euch in Frage kommen. Je größer ein Gebiet ist, desto wahrscheinlicher ist es, möglichst für sich sein zu können. Achtet nur unbedingt immer darauf, euch nicht zu verlaufen und nie zu tief in unbekannte Wälder zu spazieren! Bleibt immer in Sichtnähe eines Weges.
Kleiner Tipp am Rande: vormittags unter der Woche ist garantiert überall weniger los als an einem Samstag Nachmittag!
2. Je auffälliger, desto interessanter!
So ruhig und abgelegen eine Location auch ist - niemand kann euch garantieren, dass ihr keiner Menschenseele begegnet. Auch mir ist immer mal wieder jemand über den Weg gelaufen. Viele gucken einfach nur aus der Ferne, was man da so treibt, aber es gibt auch Passanten, die einen ganz direkt fragen, was man da macht. Und ich mache wirklich jedes Mal dieselbe Erfahrung:
Je auffälliger ich kostümiert bin, desto positiver ist die Reaktion der Leute.
Dieser Tipp wirkt vielleicht für manche fehl am Platz - aber lasst es mich euch erklären:
Am Anfang war es für mich undenkbar, komplett fertig gestylt im Bus zu einer Location zu fahren, dafür war ich viel zu schüchtern. Meistens habe ich alles in riesen Tüten transportiert und mich vor Ort in einem winzigen Klappspiegel zurecht gemacht - und auch wieder abgeschminkt. Aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass sich die Leute um einen herum dafür interessieren, was man macht. Wieso man gerade so aussieht und wozu. Das hat schon für viele wirklich nette Unterhaltungen mit Leuten in verschiedensten Altersklassen gesorgt und vor allem Kinder sind oftmals dermassen angetan, dass die Eltern sogar fragen, ob sie ein Foto mit einem machen dürfen. Das bringt mich jedes Mal zum strahlen wie ein Honigkuchenpferd und gibt einem Selbstportrait einen total sozialen Charakter, was mir immer unheimlich viel gibt. Mir ist tatsächlich noch nie jemand negativ begegnet - klar gibt es auf dem Weg zu einer Location immer mal wieder einen Spruch auf der Straße, aber die sind niemals gehässig oder gemein. Mittlerweile bin ich richtig im Kostümfieber und freue mich jedes Mal wie ein Schneekönig, wenn ich einen Grund habe, im Kostüm raus zu gehen. Aber da ich weiss, dass einem das gerade am Anfang auch super schwer fallen kann, habe ich einen ganz simplen wie offensichtlichen Tipp für euch:
3. Nehmt einen Freund mit!
Nur weil man ein Selbstportrait macht, heisst das nicht, dass man alleine sein muss! Um ein Bild als Selbstportrait bezeichnen zu können, ist die einzige Voraussetzung, dass man es selbst gemacht hat. Ob und wie viele andere Menschen dabei um einen herum sind, ist ganz allein euch überlassen. Ich nehme mir total gerne meine beste Freundin mit, dann machen wir zB erst Bilder zusammen mit Stativ und Fernauslöser und dann fotografiere ich sie noch einzeln. Neben dem Vorteil, dass man dann Gesellschaft bei sich hat, welche einem etwas mehr Sicherheit gibt, kann man sein Shooting dann auch noch mega produktiv nutzen und noch eine zweite Person in Szene setzen! Zu zweit fühlt man sich viel sicherer und man macht sich auch direkt nicht mehr so viele Sorgen darum, ob einen vielleicht jemand sieht. Außerdem hat man dann vor allem bei den gemeinsamen Bildern eine ganz einzigartige Erinnerung und so eine schöne Erfahrung wird euch garantiert Lust auf mehr machen!
Ich hoffe, ich konnte den ein oder anderen dazu ermutigen, sich auch mal an Outdoor Selbstportraits zu wagen! Solche Bilder bringen ganz besondere Erfahrungen und machen unglaublich
viel Spaß! Probiert es einfach mal aus :)
Eure Carina
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Jule (Samstag, 24 März 2018 19:05)
Huhu,
toller Beitrag! �
Wie machst du das mit dem Fokusieren, wenn du allein bist?
Ich hab mich schonmal an Staiv-Selbstportraits gewagt, sind aber alle mehr oder weniger unscharf geworden...
Carina Spiegelstaub (Samstag, 24 März 2018 20:53)
Hallo liebe Jule :)
Ganz lieben Dank! Ich mache meine Selbstportraits fast ausschließlich mit Fernauslöser, das heisst dass ich nur den Fokuspunkt manuell festlege, das fokussieren selbst dann aber aus der Ferne im Autofokus passiert, nachdem ich auslöse. Wenn du mit Selbstauslöser arbeitest, hilft es, die Blende nicht allzu offen zu wählen, sonst hat man sehr viel Ausschuss. Ich hab das zB einmal so gemacht, dass ich das Stativ dorthin gestellt habe, wo ich sein werde und dann darauf fokussiert. Dann die Plätze tauschen und los geht's :)
Mit Selbstauslöser gestaltet sich das meiner Meinung nach jedoch sehr viel schwieriger als mit einem Fernauslöser und man muss jedes Mal wieder zur Kamera um erneut auszulösen!